Freiraum einnehmen

Meinen Freiraum einnehmen, annehmen, mein großes Thema. Mein großes Thema der letzten Jahre.

Mein Lernziel war und ist, Freiraum zu erlangen. Beschränkungen und Selbstbeschränkungen aufzuheben. Die Unfreiheit kam nie von außen, sondern immer von innen. Meine Beschränkungen erlegte ich mir selbst auf. Was so selbstverständlich klingt, wurde mir erst sehr spät bewusst.

Zeit meines Lebens klammerte ich mich an andere Menschen, bin nie ohne Rücksicht auf Verluste vorgegangen. Wahrscheinlich liegt darin der Grund, warum ich mich so schwer damit tue, Veränderungen zu bewirken. Weil ich nicht nur für mich schaue, sondern auch auf andere.

Irgendwie ist es fast schon zur fixen Idee geworden, diese Begrenzungen aufzusprengen.

Kommt es vor, dass ich mich vereinnahmt fühle, ziehe ich mich zurück, mache mich auf, nicht in eine weitere Verpflichtung zu gelangen.

In bestimmten Bereichen klappt das nach wie vor nicht. Kompromisse gehören zum Leben, nur darf es gelegentlich konsequenter sein, denke ich für mich. Sicherlich erliege ich einem Irrtum, das gesamte Leben mal eben so über den Haufen zu werfen, und alle scheinbaren Betonringe zu knacken.

Nur wirklich frei fühle ich mich nicht. Die Beschränkung liegt in mir, gewisse Rahmenbedingungen zu verlieren, Halt zu verlieren, in ein Loch zu stürzen. Diesen Zustand finde ich bei meiner Frau. Eine Situation, die schlecht zu verkaufen, einerseits eine Geliebte, andererseits Angst, die Frau zu verlieren. Sie bedeutet mir sehr viel. Ich bin unheimlich gern mit ihr zusammen. Allerdings stoße ich mit ihr an Grenzen, die unüberwindlich scheinen.

Dachte ich bislang, das sei so oder es läge an mir, weiss ich, dem ist nicht so. Sie ist wie sie ist. Wo bleibt meine Verantwortung, dann zu sagen, ich gehe, als dem Irrtum anzuhängen, es würde sich schon zu bestimmter Zeit alles rütteln und ein Happy End geben.

Wir sind uns einig, uns nicht trennen zu wollen. Jüngst ist es mir möglich, sehr klar zu äußern, mir würden Dinge fehlen, das Fehlen macht mich unglücklich, also hole ich es mir woanders, vielleicht durch eine offene Beziehung.

Nur da fangen für mich die Selbstbeschränkungen wieder an. Ihr muss ich es gleichermaßen zubilligen. Das ist der Grad der Unabhängigkeit, der mir fehlt, da der Schritt immer mit einer eifersüchtigen Sorge verbunden ist. Wie überwinde ich dies, um weniger anfällig für die Selbstbeschränkung zu sein, dabei auf der anderen Seite nicht zu selbstsüchtig zu werden?

4 Antworten zu “Freiraum einnehmen

  1. Ich hab da mal eine Frage: Wenn du von zu wenig Freiraum sprichst und dabei deine Ehe meinst – wie war es denn mit der Geliebten. Konntest du mit ihr mehr Freiräume erobern oder hast du dich mit ihr auch selber beschränkt?

    • Lieber Castorp,
      ich beschreibe einen Gesamtprozess, der über Jahre läuft. Da, wo ich jetzt stehe, hätte ich mich früher gern gesehen. Dass ich mit meiner Frau über all das mittlerweile reden kann, ist absolut großartig. Nie hätte ich das zu träumen gewagt. Ein wunderbares Ergebnis, ein riesiger Erfolg. Nur ich, wir sind noch nicht am Ende.
      Meine Geliebte ist ein großartiger Mensch. Sie wäre ebenfalls mitgegangen. Ich selbst schränkte mich ein, weil ich tatsächlich noch nicht so frei bin, alles anzunehmen.
      Lieben Gruß
      Notos

  2. Lieber Notos,
    ich denke, dass das zusammenhängt. Meinst Du nicht auch? Auf der einen Seite möchtest Du mehr Freiraum, auf der anderen Seite möchtest Du Sicherheit, dass nichts passiert. Und daran mangelt es vielleicht. Ich meine Selbstsicherheit. Kann das sein? Kann es sein, dass Du Dich nicht ganz annimmst, Dich nicht selbst liebst?
    Das kann Du nicht von heute auf morgen lernen. Du wirst aber sehen, je mehr Du Dich ganz annimmst, je positiver Du Dich selbst fühlst, desto leichter wird es Dir fallen in Liebe loszulassen.
    Liebe Grüße
    Nouniouce

    • Lieber Nouniouce,
      da liegst ziemlich gut, ich ziehe diesen Schluss ebenfalls. Aber ich übe, bin dran und guten Mutes, voranzukommen.
      Mir hilft das Schreiben hier in diesem Blog, eure Kommentare und die Offenheit, weiterzugehen. Ich reflektiere mich selbst, sehe gute, aber auch weniger gute Seiten, die ich besser annehmen kann, je klarer sie werden. Manchmal geht mir der Prozess nicht schnell genug. Die Erfolge zu sehen, hilft, weiterzugehen. Von daher hoffe ich, dass ich hier viele interessante Erkenntnisse und Begegebenheiten aufschreiben kann, die mir, aber auch euch weiterhelfen. Gleichermaßen freue ich mich auf deine, eure Kommentare.
      Lieben Gruß
      Notos

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