Zwei unserer drei Kinder sind aus dem Haus und leben ihr eigenes Leben. Sie haben einen Beruf, eine Wohnung und sind zufrieden. Stelle ich mir vor, wie sie eben noch „klein“ waren und nun, so plötzlich, erwachsen, im Beruf stehend, spüre ich, ich komme dem nicht hinterher. Mehr noch, mich überfällt eine Art Panik und Trauer über einen Teil, den ich verloren habe. Die Kindheit meiner Kinder ist weg, so lang mir die Kindheit erschienen war, so ewig, nicht endend wollen in all seiner Verantwortung, nun rächt sich dieser Gedanke, da ich die Endlichkeit und deren Folgen nicht gesehen habe. Aber was hätte ich tun können? Die Zeit anhalten? Die Kinder nicht groß werden lassen, weil ich die Kindheit meiner Kinder heute erst als Chance sehe, meine eigene Kindheit aus anderer Warte erneut durchzuleben?
Die Zeit mit den Kindern war für mich sehr komfortabel, auch wenn ich das in der Zeit nicht so sah. Das fatale war, ich sah es überhaupt nicht so. Ich spürte diese Zeit als gute Zeit, ich konnte dieses Positive nur nicht so annehmen, ich habe es nicht kapiert, dieses mit den Kleinen auch als Leben mit dem eigenen kleine Kind und dessen neu erleben zu sehen. Warum wohl macht es so Spaß, mit den Kindern herumzutollen, albern zu sein, komische Sprachen zu sprechen, mit Autos oder Puppen zu spielen? Das eigene Kind mag es doch auch sehr gern, nun aber in einer anderen Rolle, wie in einem Zeitensprung.
Die Kinder kosteten Zeit und Geld. Ich konnte immer von einer fernen Zukunft träumen, in der die Kinder groß, aus dem Haus waren und nicht mehr so viel Geld kosteten. Vor allem auch nicht die ganze Aufmerksamkeit von meiner Frau einforderten, die mir fehlte, die ich gern gehabt hätte.
So lebte ich fortwährend in einer ungewissen Zukunft, die Hoffnung auf bessere, leichtere und unbeschwertere Zeiten hielt mich aufrecht. Das Problem war nur, ich übersah sehr wesentlich Dinge, das Wesentliche. Bewusst und im Vollbegriff konnte ich nicht immer die Anwesenheit der Kinder genießen. Heute kommt es mir vor, als flüchtete ich aus der Familiensituation, wenn es ging. Je älter die Kinder wurden, desto mehr kommt es mir so vor. Vordergründig war es der Job, der mich immer später nach Hause kommen ließ. Oder war es auch eine Ohnmacht, nicht zu wissen, wie ich mit pubertierenden Kindern umgehen soll? Lieber sich nicht so einmischen, als rumzumeckern, weil man ja das beste will, aber nicht das richtige tut?
Und heute spüre ich etwas Schmerzhaftes, etwas sehr Schmerzhaftes, wenn ich daran denke, die Zeit, die Gelegenheit ist weg, verschwunden, nicht wieder aufzuholen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr kommt die Traurigkeit auf, über das Verpasste, die Angst vor der Überforderung, davor etwas Falsches zu tun. Bei den kleineren Kindern hatte ich das nicht, es kam, als sie in die Pubertät kam. Heute ploppt es hoch, heute fühle ich es. Diese Gedanken fliegen mich an, wie Vögel, die ihren Schwarm einholen. Die Gedanken und Gefühle hatte ich wohl immer, habe sie nur sehr verdrängt.
Heute spüre ich die Trauer über die Vergänglichkeit der Kindheit meiner Kinder…
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